Mittwoch, 14. Oktober 2015

Zusammenfassung der ersten TV-Debatte der Demokraten


Clinton und Sanders dominieren sachliche und faire TV-Debatte der Demokraten. Martin O'Malley konnte als einziger Außenseiter punkten




Die erste TV-Debatte der Demokraten ist vorbei. Auf CNN diskutierten die fünf Kandidaten der Demokraten ca. drei Stunden lang. Durch die Debatte führte Anderson Cooper.

Während Hillary Clinton und Bernie Sanders relativ ausführlich ihre Positionen erläutern konnten und auch viele Nachfragen erhielten, hatten es insbesondere Jim Webb und Lincoln Chafee schwer, sich in dem Format durchsetzen. Untereinander gingen die Kandidaten äußerst sachlich und fair miteinander um.



Andere Debattenkultur als bei den Republikanern




Der wohl bemerkenswerteste Moment des gesamten Abends gelang ausgerechnet den beiden Hauptkontrahenten Bernie Sanders und Hillary Clinton als unter tosendem Applaus des Publikums eine klare Botschaft indirekt an die Republikaner gesandt wurde.

Anderson Cooper stellte Hillary Clinton wegen ihrer sogenannten E-Mail-Affäre zur Rede. Clinton rechtfertigte sich wie schon in vielen Interviews zuvor. Als dann auch noch Bernie Sanders dazu befragt wurde, reagierte er beeindruckend. Viele hatten vielleicht erwartet, dass Sanders nun den vermeintlichen Schwachpunkt Clintons ausnutzen würde. Aber im Gegenteil, er nutzte das Thema, um selbst bei vielen Demokraten zu punkten. Sanders sagte, dass doch die „verdammten“ E-Mails niemanden mehr interessierten. Eine Untersuchung laufe und ansonsten würden sich die Menschen doch für die Inhalte an diesem Abend interessieren. Es gebe so viele Themen, dass man nicht über die E-Mails von Hillary Clinton sprechen sollte.

Das kam beim Publikum gut an und Clinton spielte dankbar mit. Sie reichte Sanders als Geste des Dankes die Hand und in diesem Augenblick war Eines klar. Im Zweifel halten die Demokraten zusammen. Sofort erinnerte man sich an die Debatte der Republikaner, in der insbesondere auf Initiative von Donald Trump die Frage besprochen wurde, weshalb der ein oder andere Kandidat wegen schlechter Umfragewerte überhaupt an der Debatte teilnehmen würden. Angesichts der aktuellen Querelen bei der Diskussion der Republikaner um die Nachfolge von John Boehner präsentieren sich die Demokraten also geschlossen.



Sanders bedient seine Basis




Bernie Sanders portrait 1Inhaltlich dagegen wurden die bekannten Unterschiede und mögliche Schwachpunkte der Kandidaten sehr wohl aufgegriffen. Bernie Sanders geriet unter Druck als es um die Verschärfung der Waffengesetze ging. Clinton hielt ihm vor, dass er z. B. mehrfach gegen die Brady Bill gestimmt hatte und erhielt dabei Unterstützung von Martin O'Malley, der später noch die National Rifle Association (Waffenlobby) als seinen größten Feind betitelte.

Sanders kam hier in Anbetracht der Faktenlage ziemlich ins Schleudern und verhedderte sich in Widersprüche zu früheren Interviews in diesem Sommer.

Sanders wiederholte auch seine Position als demokratischer Sozialist und bediente hier die Euphorie seiner Anhängerbasis. Der durch den Kapitalismus generierte Wohlstand helfe nicht, wenn er nur bei dem oberen 1% der Bevölkerung ankomme. Die Mittelklasse sei völlig weggebrochen.

Er gab die skandinavischen Länder als Vorbild aus und kritisierte den Umstand, dass die USA das einzige wohlhabende Land ohne eine klares Bekenntnis zu einem weitgehend uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung seien, unabhängig vom Einkommen der Bürger. Er setze sich zudem für einen 15-Dollar-Mindestlohn ein und will beim Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur Millionen Jobs für Amerikaner schaffen.

Als seinen größten Gegner bezeichnete er die Wall Street und deren Auswüchse, die 2008 beim Börsencrash die USA in eine schwere Krise stürzten. Hier ging er auch auf Distanz zu Hillary Clinton, die versuchen wolle über ihren politischen Einfluss, die Wall Street zu lenken. Sanders dagegen prangerte an, dass andersrum die Wall Street die Politik lenke.

Außenpolitisch betonte Sanders sein Nein zum Irak-Krieg und sprach sich explizit gegen Bodentruppen in Syrien aus. Er lobte Obama für dessen Kurs, sowohl Assad als auch ISIS bekämpfen zu wollen, indem ausgewählte Oppositionskräfte unterstützt werden.

Hinsichtlich Putins Eingreifen in Syrien prophezeite Sanders dem russischen Präsidenten, dass er von seinem Volk gefragt werden wird, was denn dieser Einsatz bezwecke, wenn die ersten toten russischen Soldaten nach Moskau zurückkämen. Spätestens dann würde Putin auch wieder eine gemeinsame Linie mit den USA anstreben. Ziemlich zum Ende der Debatte gab es aber noch einen Seitenhieb auf Hillary Clinton. In der Bevölkerung herrsche eine tiefgreifende Unzufriedenheit mit politischen Vertretern des Establishments.



Clinton wehrt Angriffe souverän ab




Close up Hillary Clinton laughing October 2014Hillary Clinton gab sich außenpolitisch schon etwas offensiver. ISIS müsse aktiv bekämpft werden. Die islamistische Terrororganisation sei eine Bedrohung auch und insbesondere für die Partner der USA in der betroffenen Region.

Unter Druck geriet Clinton nochmal, als es um ihre frühere Zustimmung zum Irak-Krieg ging. Mehrfach hatte sie schon betont, dass dies ein Fehler gewesen sei.

Zu unterschiedlichen Positionen, die sie z. B. beim Thema TPP einnehmen würde, sagte sie, dass sie stets die gleichen politischen Werte vertreten würde und auch dazugelernt habe. Dies sei im Übrigen normal, auch unter Präsidentschaftskandidaten. Sich immer wieder mit neuen Entwicklungen zu beschäftigen, andere Meinungen anzuhören, gehöre dazu. Dann könne es passieren, dass man im Laufe der politischen Karriere auch mal anders abstimmen würde, ohne die grundsätzliche Haltung zu verändern.



Auf Sanders Plan zur Ausweitung der sozialen Absicherung reagierte Clinton zurückhaltend. Natürlich sei sie für die soziale Absicherung. Jedoch sollte man sich auf diejenigen konzentrieren, die wirklich bedürftig seien.

Hillary Clinton machte sich weiter stark für die Idee, dass alle Amerikaner die gleichen Chancen bekommen sollten, unabhängig ihrer sozialen und wirtschaftlichen Herkunft. Kindern und Jugendlichen sollte der Zugang zu den Bildungseinrichtungen nicht wegen des geringen Einkommens ihrer Eltern versperrt werden.




O'Malley kann Akzente setzen




Governor O'Malley PortraitMartin O'Malley musste sich zu Beginn der Debatte zu den Unruhen in der Stadt Baltimore erklären, wo er lange Zeit Bürgermeister war. Hohe Kriminalitätsrate, Armut, soziale Probleme, Polizeigewalt, Unruhen – schlechte Zustände für eine Bewerbung zum Präsidentschaftskandidaten. O'Malley gelang es aber im Laufe der Debatte andere Themen zu setzen. Er fiel dabei durch eine teilweise überakzentuierte Gestik auf, die auf mich als Zuschauer einen etwas künstlichen Eindruck machte. Aber dennoch, als einzigen der drei Außenseiter gelang es ihm, mit seinen Botschaften durchzudringen. Er verstand es auch, sich ausreichend Redezeit zu verschaffen.

Inhaltlich setzte O'Malley Schwerpunkte beispielsweise in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik. Dabei hob er insbesondere die Wiedereinführung des Glass-Steagall Acts hervor,mit dem das Trennbankensystem wieder eingeführt werden soll. Hierbei geht er auch auf Konfrontationskurs zu Hillary Clinton, die diesem Vorschlag skeptisch gegenüber steht. Der Schutz der Bevölkerung vor den Folgen eines erneuten Börsencrashs sei sehr wichtig und in der Amtszeit Obamas zu kurz gekommen.

Martin O'Malley riss am Ende noch kurz seine Idee einer grünen Revolution an, in der zu 100% auf erneuerbare Energien umsteigen und so auch viele Jobs für Amerikaner schaffen wolle. In der Diskussion über die Einwanderungspolitik kritisierte er die ablehnende Haltung vieler Republikaner scharf. Die USA seien ein klassisches Einwanderungsland, Migranten könnten dem Land helfen und es stärker machen.

Außenpolitisch bescheinigte O'Malley den Geheimdiensten Versagen in Bezug auf die Bewertung der Situation in Libyen und Syrien.



Webb – der andere Demokrat




Jim Webb official 110th Congress photoJim Webb konnte sich inhaltlich von seinen Mitbewerbern absetzen. Er sei ein Gegner verschärfter Waffengesetze, befürworte aber die viel diskutierten Hintergrundchecks. Außerdem stehe er beim Thema Energie auf Seiten der Kohle-, und Ölindustrie.

Außenpolitisch lenkte Webb den Fokus auf den zukünftigen Konkurrenten China, das mit Cyberattacken die USA gefährden würde.

Er kritisierte die Datensammelwut der NSA und rief dabei zur Einhaltung der Bürgerrechte auf. Auf die Frage, was er besser machen wolle als die derzeitige Obama-Regierung antwortete Jim Webb, dass er versuchen wolle, wieder ein vernünftiges Verhältnis zu beiden Parteien im Kongress herzustellen.

Angesichts seiner inhaltlichen Einstellungen könnte Webb tatsächlich einen besseren Zugang zu den Republikanern haben, nur ob dies bei der eigenen Partei gut ankommt, ist zu bezweifeln.

Jim Webb schien in der Debatte mit seiner Redezeit sichtlich unzufrieden zu sein und geriet hier auch zweimal mit Moderator Anderson Cooper aneinander.



Chafee war viel zu passiv




Lincoln ChafeeLincoln Chafee wirkte den Abend irgendwie unglücklich und resigniert in der Debatte. Er kam nicht richtig mit seinen Themen durch und wirkte zudem verunsichert bei kritischen Nachfragen.

Dass Chafee früher Republikaner, danach unabhängig und nun Demokrat sei, erklärte er damit, dass sich die Republikaner von ihm entfernt hätten. Er selbst sei seinen Positionen immer treu geblieben.

Chafee hob seine Erfahrung und Integrität mehrfach hervor. Als Bürgermeister, Senator und Gouverneur hätte er sich bereits in unterschiedlichen Positionen bewiesen und das auch noch absolut skandalfrei.

Hauptthema für Chafee an dem Abend war die Außenpolitik. Er kritisierte den Einmarsch in den Irak als größten Fehler der amerikanischen Geschichte. Hillary Clinton habe sich durch die Zustimmung zum Irak-Krieg für das Präsidentenamt disqualifiziert. Es reiche in einer solchen Frage nicht aus, später einen Fehler einzugestehen. Er hätte seine Hausaufgaben damals gemacht, die Lage kritisch beurteilt und sei zum richtigen Ergebnis gekommen, den Irak-Krieg abzulehnen. Die USA müssten nun Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der Welt zurückgewinnen.



Fazit

 


Von Gewinnern und Verlierern in einer solchen Debatte zu sprechen, ist immer etwas schwierig. Nimmt man aber die Ausgangslage der einzelnen Kandidaten, kann man schon sagen, ob sich diese verbessert oder verschlechtert hat.

Ohne Zweifel kann Hillary Clinton mit diesem Abend zufrieden sein. Sie konnte sich trotz für sie kritischer Themen immer wieder behaupten. Auch unterstützt von einer großen Anhängerschaft im Publikum kam sie ohne Blamage durch die Debatte. Mehr war für sie angesichts der deutlichen Führung in den Umfragen noch nicht nötig. Ob die Bevölkerung ihre Rechtfertigungen annimmt, wird sich im Laufe des weiteren Vorwahlkampfes herausstellen.

Auch Bernie Sanders darf zufrieden sein. Er konnte die meisten inhaltlichen Punkte setzen und bediente dabei seine eigene Anhängerschaft. Allerdings waren seine Aussagen weiter gewohnt plakativ und ob er in der Anhängerschaft Clintons punkten konnte, ist unklar. Zumindest hat er durch seine Unterstützung in der E-Mail-Affäre Pluspunkte sammeln können.

Bei den Außenseitern ist das Bild eindeutig. Als einziger hat sich hier Martin O'Malley durchsetzen können. Er bestach durch klare Aussagen und versuchte seine Kontrahenten inhaltlich zu stellen.

Jim Webb und Lincoln Chafee konnten ihre Chancen nicht nutzen. Ihnen gelang es nicht, sich als wirkliche Alternativen zu Clinton oder Sanders zu präsentieren.



Joe Biden official portrait cropUnd dann ist da ja noch der Nicht-Teilnehmer. Joe Bidens Plan könnte evtl. nicht aufgegangen sein. Sollte die kommenden Umfragen bestätigen, dass Hillary Clinton unbeschadet aus der ersten Debatte herausgekommen ist, wird es für Biden sehr schwierig werden. Nicht auszuschließen, dass er dann auf eine Kandidatur verzichtet. Es wird nun täglich mit seiner Entscheidung gerechnet.

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