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VERALTET
Themenschwerpunkt: Waffengesetze
Im zweiten Teil der Themenschwerpunktreihe im US-Wahlkampf
geht es um das komplexe und äußerst kontrovers diskutierte Waffenrecht der USA.
In Deutschland wird häufig der Kopf darüber geschüttelt, wie es immer wieder zu
tragischen Unfällen und Amokläufen in Amerika kommen kann. Um die Hintergründe
der Diskussion auch im Wahlkampf zu verstehen, lohnt es sich, etwas genauer
hinzusehen.
Zunächst ein paar Zahlen: Etwa 30-40% der
Haushalte in den USA besitzen Schusswaffen. Die Befürworter und Gegner von strengeren Waffengesetzen halten sich die Waage. Es werden pro Jahr ca. 100.000 Menschen
in den USA durch Schusswaffengebrauch verletzt, über 30.000 sterben. Ca. 1500 Kinder werden pro Jahr bei Unfällen mit
Schusswaffen verletzt, durchschnittlich ca. 200 Kinder sterben.
Ursprung der Affinität zu Waffen
Das Recht auf Waffenbesitz basiert auf dem 2. Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. Die ersten zehn
Zusatzartikel sind auch unter dem Namen Bill of Rights bekannt. In dem 2.
Zusatzartikel von 1789 heißt es: "Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines
freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen
und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden."
Diese Formulierung lässt natürlich einen gewissen
Interpretationsspielraum zu. Ist die Nennung der Miliz eine Zweckbestimmung?
Welche Waffen sind gemeint? Ist tatsächlich eine Beeinträchtigung oder gar ein
Verbot gemeint? 2008 entschied der Supreme Court, dass schussbereite
Handfeuerwaffen zu Hause zur Selbstverteidigung erlaubt sind.
Kompliziert wird die Bewertung des Waffenrechts auch
dadurch, dass alle Bundesstaaten zum Teil sehr unterschiedliche Regelungen zum
Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen haben. In nicht allen Bundesstaaten
ist z. B. ein Waffenschein zum Kauf einer Schusswaffe erforderlich. Anderswo ist
das Führen von geladenen Schusswaffen auch außerhalb der eigenen vier Wände erlaubt, es gibt Unterschiede zwischen dem offenen und dem verdeckten Tragen von Waffen.
Es wird differenziert zwischen „normalen“ Schusswaffen, firearms (automatische
Waffen), assault weapons (Sturmgewehre) etc. Es ist müßig, an dieser Stelle auf
jegliche Regulierungen und Unterschiede einzugehen. Wichtig ist zunächst nur,
dass aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen der Waffengesetze auch die
Diskussionen in den verschiedenen Bundesstaaten unterschiedlich ausgerichtet sind.
Diskussionskultur und die Lobbyarbeit der NRA
Häufig wird davon gesprochen, dass das Recht auf
Waffenbesitz eine Art Kulturgut sei. Sicher ist, dass ein nicht unerheblicher
Teil der US-Amerikaner dieses Recht als fundamental für ihre Freiheit und
Sicherheit ansehen. Sie sind meinungsstark und gut organisiert. Die National Rifle Association ist die größte und einflussreichste Waffenvereinigung der
USA. Sie zählt ca. 4,2 Mio Mitglieder. Die NRA betreibt aktive Lobbyarbeit und
versucht Waffengesetzgebung in ihrem Interesse zu lenken.
Die aktuellen Diskussionen um schärfere Waffengesetze werden
mit sehr viel Ideologie und Emotion geführt. Befürworter werden als
Verfassungsfeinde bezeichnet, Gegnern von schärferen Regelungen eine Mitschuld
an den immer wiederkehrenden Amokläufen und Attentaten gegeben. Das verhindert
häufig auch im Wahlkampf eine sachliche Debatte, die beide Seiten
berücksichtigt.
Die Reform Brady Bill
Es hat in der Vergangenheit vielerlei Reformbemühungen
gegeben. Eine der wichtigsten der letzten Jahrzehnte war der Brady Bill oder
auch Brady Act. Das Gesetz ist benannt nach dem früheren Pressesprecher Ronald
Reagans, James Brady. Dieser wurde von einem Mann niedergeschossen, der zuvor
bereits verhaltensauffällig im Zusammenhang mit Schusswaffen geworden war. Der
Brady Bill schrieb vor, dass sich die Käufer von Handfeuerwaffen spätestens
fünf Tage nach dem Kauf überprüfen lassen müssten, ehe sie die Waffe ausgehändigt
bekommen. Innerhalb lizensierter Waffenläden erfolgte eine solche Überprüfung
sofort. Die Kontrolle beinhaltete einen Abgleich mit der FBI-Datenbank, ob
Vorstrafen oder psychische Erkrankungen, die dem Waffenbesitz entgegen stehen,
vorhanden waren. Das Gesetz wurde 1993
durch Bill Clinton unterzeichnet. 1997 hob es der Oberste Gerichtshof wieder
auf. Jedoch nur mit der Begründung, dass die Gesetzgebung in der Zuständigkeit
der einzelnen Bundesstaaten liegen müsste. Mehrere Bundesstaaten haben danach
jedoch die Regelungen des Brady Bill übernommen.
Background Checks
Die heutige Diskussion um die Background Checks
(Hintergrundüberprüfungen) befasst sich mit einer ähnlichen Frage. In den USA werden
sogenannte Gun Shows veranstaltet. Eine Art Messe, bei der man von
verschiedenen Verkäufern Schusswaffen erwerben kann. Die Background Checks sind
bei solchen Veranstaltungen verpflichtend. Kauft sich jedoch jemand privat eine
Schusswaffe, z. B. auch gebraucht, entfallen diese Überprüfungen. Diese
Überprüfungslücke nennt sich "loophole". Befürworter strengerer Waffengesetze
verwenden häufig die Worte „close the loophole“ und meinen damit, dass die Gesetzeslücke und das Schlupfloch
derjenigen, die sich auf diesem Wege „illegal“ eine Schusswaffe besorgen, geschlossen
werden soll.
Stand your Ground
Eine weitere wichtige Formulierung bei der Diskussion um
Waffengesetze ist das „Stand your Ground (Law)“ Dieses Gesetz erlaubt es z. B.
dem Hauseigentümer im Falle eines Einbruchs, den Täter im Zweifel zu
erschießen. Lange Zeit war der Bewohner verpflichtet, sich zunächst
zurückzuhalten, zurückzuweichen bzw. eine Konfrontation zu vermeiden. Diese
Regelung wurde durch das Stand your Ground Gesetz aufgehoben. Das Recht braucht
dem Unrecht nicht weichen. Nun ist dem Bewohner innerhalb seines privaten bzw.
berechtigten Bereichs erlaubt, sich gegen das rechtswidrige Eindringen/Verletzen
(Gewaltverbrechen) zur Wehr (Notwehr) zu setzen. Dass dabei auch der Täter
getötet oder schwer verletzt werden kann, ist gesetzlich abgesichert. Der
Verteidigende kann nicht strafrechtlich belangt werden. An dieser Stelle
verzichte ich auf weitere rechtliche Erläuterungen zu den Definitionen von Gewaltverbrechen,
Notwehr etc. die selbstverständlich aber klar geregelt sind. Aber wie auch in
Deutschland kennt die Anwendung von Notwehr auch in den USA eine gewisse
Grenze. Vereinfacht gesagt: Wenn es offensichtlich ist, dass von einem
Angreifer keine ernsthaftere Gefahr ausgeht, ist das Mittel der Notwehr zwar
berechtigt aber es muss auch verhältnismäßig bzw. notwendig sein.
Genug von rechtlichen Ausführungen, da Stand your Ground
auch nicht so umstritten ist, wie andere Themen im Zusammenhang mit dem
Waffenrecht.
Waffenfreie Zonen und ein staatliches Rückkaufprogramm
Im aktuellen Wahlkampf hat es noch zwei Vorschläge gegeben,
die ich noch kurz ansprechen möchte. Es geht um die Reaktion nach dem
Amoklauf an einem College in Oregon. Die NRA und viele konservative Politiker
verfolgen dabei den Ansatz, dass waffenfreie Zonen, die es im öffentlichen Raum
immer mal wieder gibt, abgeschafft werden sollten. Sie seien eine Einladung für
Täter, da sie in diesen Bereichen mit weniger Gegenwehr rechnen könnten. Opfer
und Passanten hätten keine Möglichkeit, sich mit Waffen zur Wehr zu setzen. Die
Vorschläge werden ergänzt durch die Forderung, dass z. B. Bildungspersonal nach Anleitung Waffen mitführen müssten. Anhand dieses Beispiels wird
deutlich, wie weit die unterschiedlichen Ansätze auseinander liegen. Zwischen
mehr Waffen und weniger Verbote auf der einen Seite und weniger Waffen und
schärfere Gesetze auf der anderen Seite ist in diesem aufgeladenen Konflikt
wohl kaum ein Kompromiss möglich.
Zusätzlichen Zündstoff erhielt die allgemeine Debatte um das Waffenrecht, als die
Möglichkeit eines verpflichtenden staatlichen Rückkaufprogramms für Waffen ins
Spiel gebracht wurde. Australien hat den Bürgern die Waffen abgenommen und
für finanzielle Entschädigung gesorgt. Der Erfolg dieser Maßnahme ist an einer stark
gesunkenen Opferzahl messbar und gilt in Australien als weitgehend
unbestritten. Die NRA warf nun den Befürwortern strengerer Waffengesetze vor,
schon immer die Konfiszierung aller Schusswaffen angestrebt zu haben.
Eine Fortsetzung dieser Waffendebatte im Wahlkampf ist
garantiert.
Quellen: www.ontheissues.org , www.wikipedia.com
Quellen: www.ontheissues.org , www.wikipedia.com
1 Kommentar:
Hallo Thomas, danke für den ausführlichen Beitrag zum Thema Waffenrechte. Das diese Diskussion in den USA doch so detailliert und nuancenreich betrieben wird, bekommt man in Deutschland ja gar nicht so mit.
Weiter so.
Viele Grüße
Sören
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